Zertifikatsübergabe Hospizbegleiter

Der Tod ist etwas Unumgängliches. Sich mit ihm auseinanderzusetzen fällt nicht jedem leicht. Menschen auf ihrem letzten Weg zu begleiten noch schwerer. Doch es gibt sie, diese Männer und Frauen, die sich zu Hospizhelfern ausbilden lassen, um Todkranken und ihren Angehörigen die verbleibende Zeit so angenehm wie möglich zu machen – zuzuhören, da zu sein, einfach die Hand zu halten, zusammen zu schweigen, zusammen das Leben noch einmal Revue passieren zu lassen.

Ausbildung zu Hospizhelfern

Fünf von diesen beeindruckenden Menschen erhielten jetzt aus den Händen von Ute Winter, Vorsitzende des Hospizvereins Kelkheim, sowie den Koordinatorinnen und Kursleiterinnen Lisa Bonami (Kelkheim) und Ulrike Bohni (Eschborn) ihre Zertifikate. Seit Jahren kooperieren der Kelkheimer Hospizverein „Weg-Begleiter …“ und der Hospizverein „Lichtblick“, Eschborn /Schwalbach, bilden regelmäßig Hospizhelfer aus, auch während der Pandemie. Der Erfolg gibt ihnen Recht, die Kurse sind stets gut besucht, selten bricht jemand die einjährige Ausbildung ab.

In der kleinen Zeremonie in der Evangelischen Kirche St. Johannes in Fischbach fand Pfarrer Andreas Schmalz-Hannappel lobende Worte für die Helfer. Er hob die vielen intersiven Gespräche hervor, die die Hospizhelfer während ihrer Ausbildung führten und offenbarte seinen Blick auf das Leben. „Es ist wie eine stürmische Fahrt über das Meer, so kann man das Leben sehen. Und Sie gehen irgendwann mit an das Steuer, mit Ihrer großen Aufgabe – Nähe zulassen und der Selbstbestimmung des Sterbenden Raum geben“, fasste es der Pfarrer in Worte. Dabei werden aber auch die Helfenden nicht allein gelassen. Für sie bestehe jederzeit die Möglichkeit, den Rückzug anzutreten, das Gespräch mit den Kursleiterinnen zu suchen, sich aus Situationen herausnehmen zu können, die sie zu sehr belasten. In einem Lied, das Andreas Liebetanz, einer der zukünftigen Hospizhelfer, gemeinsam mit seiner Frau vortrug, heißt es „Abschied muss man lernen“ und genau so sehen es die Ehrenamtlichen, denn auch sie mussten lernen, was es heißt, loszulassen. Und zu akzeptieren, dass „ein Ende auch Anfang sein soll“.

Kraft der Emphatie

Mit dem Ende musste sich auch Simone Sieß auseinandersetzen. Als ihr Vater schwer krank wurde, beschäftigte sie sich zum ersten Mal in ihrem Leben intensiv mit dem Thema Tod und der Begleitung Sterbender. „Ich empfand es als sehr schade, dass man über dieses Thema erst redet, wenn es soweit ist. Damit kam und komme ich nicht zurecht“, gesteht sie. Die Ausbildung zur Hospizhelferin war für sie ein Weg, dieser Sprachlosigkeit etwas entgegenzusetzen. „Der Tod gehört zum Leben dazu und es ist immens wichtig, sich schon weit vorher damit auseinanderzusetzen“, plädiert sie. In ihrem Freundeskreis stieß ihre Entscheidung auf wenig Verständnis. „Ich kann verstehen, dass man davor Respekt hat, den habe ich ja auch. Aber das Thema ist einfach zu wichtig, als dass man es totschweigen darf oder sollte.“

Ihrer Einsatzzeit sieht sie gelassen entgegen. Neben ihrem Beruf wird sie sehen, wann und wo sie eingesetzt werden kann. Und was es mit ihr macht. Denn die Hospizhelfer begleiten nicht nur die Sterbenden, sondern auch deren Familien. „Sie sind es, die 24 Stunden, 7 Tage die Woche mit dem Sterben konfrontiert sind. Sie brauchen genauso Unterstützung oder einfach nur ein offenes, unvoreingenommenes Ohr“, weiß Oya Demet, die sich ebenfalls zur ehrenamtlichen Helferin ausbilden ließ. Entlastung, Würde, Unterstützung, Selbstbestimmung, das sind die Grundpfeiler einer sensiblen Hospizarbeit, die sich die Helferinnen und Helfer auf die Fahnen geschrieben haben.

Ute Winter zeigt sich beeindruckt. „Es ist eine ganz besondere Gruppe, die sich hier gefunden hat. Sie leisten ihren Beitrag für die Gesellschaft und darauf sind wir mehr als stolz“, so die Vorsitzende, die das intensive Ausbildungsjahr mit begleitet hat. Ihr großer Dank gilt auch den Koordinatorinnen Lisa Bonami und Ulrike Bohni, „die immer wieder mit Herzblut bei der Sache sind und mit viel Fingerspitzengefühl agieren.“

Der Sterbende steht im Mittelpunkt

Seit 2017 ist Lisa Bonami hauptamtliche Koordinatorin beim Hospizverein Kelkheim. Die gelernte Krankenschwester kommt aus der Palliativmedizin und weiß, wovon sie redet. Unter dem Motto „Die Gedanken sind frei“ startete sie im August vergangenen Jahres mit Ulrike Bohni in den Ausbildungskurs. „Jeder brachte eine Geschichte mit, warum er oder sie hier saß. Sie alle haben einen Impuls“, so die Kursleiterin. Im Mittelpunkt der Ausbildung steht immer der Sterbende. Und eines ist grundlegend wichtig für die Ausbildung: „Nur wenn ich mich mag und mit mir im Reinen bin, kann ich mich um andere kümmern“, weiß Bonami.

Während der Ausbildung kamen die Teilnehmer mit vielen verschiedenen Fachbereichen in Berührung. Es ging um Ethik, Vorsorgeplanung, Kommunikation, Psychologie und auch um das Auseinandersetzen mit dem eigenen Sterben und Tod. Auch der Besuch beim Bestatter gehört dazu. „Es war schön zu sehen, wie die Gruppe alles mitgegangen ist, es gab selten jemanden, der einen Termin ausfallen ließ“, freut sich Lisa Bonami über den Erfolg ihrer Schützlinge. Sorgenfalten bereiten ihr nur die derzeitigen Zustände in den Altenheimen. „Dort gibt es überhaupt keinen Raum und keine Zeit für eine respektvolle und hilfreiche Hospizarbeit der dort Arbeitenden. Und die Ehrenamtlichen können das gar nicht alles auffangen, denn schließlich haben die meisten ja auch noch ein Leben drumherum, sind fest eingebunden in ihre Familien und ihren Job“, kritisert die engagierte Koordinatorin. Dabei macht sie nicht den Mitarbeitern in den Altenheimen einen Vorwurf, sondern prangert das System als Ganzes an. „Wir können da aushelfen, genauso brauchen uns aber auch die Familien, die Angehörigen. Sie sind es, die Hilfe in der häuslichen Umgebung benötigen. Und auch die wollen wir nicht allein lassen.“

Info

Die beiden Hospizvereine sehen das Sterben als Teil des Lebens an. Sie möchten den Menschen bis zu ihrem letzten Atemzug ein Leben in Würde ermöglichen. Erkrankte oder alte Menschen sollen ihre letzte Lebenszeit so selbstbestimmt wie möglich gestalten und bewusst erleben können. Deshalb begleiten sie Menschen am Ende ihres Lebens und auch ihre Angehörigen. Für diesen Dienst brauchen sie Menschen, ob jung oder alt, aus allen Bereichen des Lebens, die sich ehrenamtlich engagieren möchten. Wer Zeit hat für ehrenamtliches Engagement meldet sich unter 06195-9613178 oder schreibt eine E-Mail an info@hospiz-verein-kelkheim.de

Außerdem bietet der Hospizverein am 25. Juni einen „Letzte-Hilfe-Kurs – Am Ende wissen, wie es geht“ an.

Das Lebensende und das Sterben machen uns als Mitmenschen oft hilflos. Obwohl die meisten Menschen sich wünschen zuhause zu sterben, stirbt der größte Teil der Bevölkerung in Krankenhäusern und Pflegeheimen.Der letzte Hilfe Kurs vermittelt Basiswissen, Orientierung und Handgriffe für die Hilfestellung und praktizierte Mitmenschlichkeit am Nächsten. Er möchte ermutigen, sich Sterbenden zuzuwenden. Denn Zuwendung ist das, was wir alle am Ende des Lebens am meisten brauchen. Ort: Hospizraum, Breslauer Straße 44, Zeit: 10 bis 16 Uhr, Referenten: Ute Winter und Lisa Bonami. Es wird um telefonische Anmeldung unter 06195-9613178 gebeten. Kostenbeitrag: 10 Euro pro Person.